Ein Trivialroman
Al Chromosomes und Metamorphos’ Action Thriller
„Schrei, wenn Dr. Eckyll dich packt!” (Teil 1)
Dumpf dröhnten die Schläge der Kirchturmuhr durch die Nacht. Mitternacht. In dem kleinen Gewölbe unter der Friedhofskapelle arbeitete wie besessen ein Mann von auffallendem Kleinwuchs. Auf seinem Rücken machte sich ein großer Buckel breit. Es war Dr. Eckyll, Jerry der Bucklige, wie man ihn verachtunsvoll in dem kleinen Städtchen nannte. Auf dem großen eichernen Tisch in der Mitte des Raumes türmten sich dutzende von Reagenzien und Lösungen, in seinen knorrigen Händen hielt er verkrampft einen alten fleckigen Lederband. Ein hämisches Grinsen flog über sein Gesicht, und seine kleinen Schweinsaugen blitzten dämonisch. Nach sorgfältiger Prüfung nahm er eines der teuflischen Elexiere und goß wenige Tropfen in einen ehernen Kelch. „Heute Nacht sollen sie büßen,” schoß es durch seinen Kopf. Heute Nacht sollten sie büßen für den Spott, für die Erniedrigungen, die sie ihm bereitet hatten. „Bezahlen sollen sie, bezahlen sollen sie mit ihrem Blut”. Das Gesicht zu einer ekelerregenden Fratze verzogen, begann er, sich zu konzentrieren. Der Entstellte wartete noch den letzten Schlag der Kirchturmuhr ab, und tief in seiner Konzentration verankert führte er langsam den ehernen Kelch zu seinen Lippen. Mit einem Schluck leerte er den Kelch, und plötzlich fühlte er, wie ein Blitz seinen Körper zu durchstoßen schien. Auf dem Friedhof schrie aufgeregt ein Käutzchen, als ob es ahnte, was sich soeben in dem Gewölbe ereignete. In der Kapelle machte sich ein eigenartiger Geruch breit – es war der Geruch des Todes, den alle Bewohner des kleinen schottischen Städtchens bald riechen sollten…
Es war ein netter Abend mit viel Musik und Tanz gewesen, und so schien es auch nicht verwunderlich, daß die beiden jungen Leute, Jane O’Neil und Peter MacInntosh, ein wenig beschwipst nach Hause kamen. Die beiden liebten sich sehr, und sie hatten ausgemacht, bis spätestens nächstes Jahr zu heiraten. Nachdem Peter die kleine Tür des Blockhäuschens hinter sich verriegelt hatte, nahm er Jane in die Arme und küßte sie leidenschaftlich. „Weißt du eigentlich, daß ich dich liebe”, antwortete sie mit einem Hauch voll Wonne. „Das will ich auch hoffen, du kleines süßes Bist du.” Während sie ins Bad lief und duschte, ging Peter ins Schlafzimmer und horchte in sich hinein. Oh, wie er sie liebte, dieses Mädchen, ihren Körper, ihre Seele, ihr gesamtes Auftreten. In seinen Gedanken versonnen, hörte er gar nicht, wie Jane sich langsam ins Zimmer geschlichen hatte und sich nun zärtlich an ihn schmiegte. Sie spürte nur noch, wie er sie küßte, wie seine Hände ihre weiche Haut streichelten – doch dann versanken beide in das Reich der Liebe… Das Fenster schwang auf und der warme Sommerwind trug das himmlische Lied der Nachtigallen zu ihnen herein.
Doch plötzlich schreckte die beiden Liebenden ein Geräusch auf. „Hast du das auch gehört?”, fragte Jane angsterfüllt. „Was ist nur los mit dir, Baby? Das war sicher nur eine streunende Katze.” „Oh, Liebling, bitte geh raus und schau nach.” „Okay”, antwortete er zärtlich und küßte sie. Doch er ahnte nicht, daß das ihr letzter Kuß sein soIlte… Er zog sich den Morgenrock an und schlurfte zur Tür. „Ist da wer?”, rief er in die alles erdrückende Dunkelheit des Waldes. Vorbei war es mit dem erquickenden Vogelgesang, und eine eigenartige, angespannte Stille machte sich breit. Peter erhielt keine Antwort, doch er bemerkte nur einen seltsamen Duft, der sich ihm aufzudrängen schien. „Unsinn”, dachte er sich und wollte gerade die Tür hinter sich schließen, als er ein dämonisches Kichern hinter sich vernahm. Was er dann sah, ließ ihm fast das Blut in den Adern gerinnen. Ein riesiges Etwas hatte sich hinter ihm aufgebaut – nein, das konnte kein Mensch oder ein Tier sein, schoß es ihm durch den Schädel. Auf dem großen Rumpf dieses Monsters wuchs ein graues struppiges Fell, das von einer Schleimschicht bedeckt war, und in dem einer Totenmaske ähnlichen kahlen Schädel blitzten messerscharfe Fangzähne… Diese Augenblicke kamen Peter wie Stunden vor, und als er endlich aus seiner Schreckensstarre erwachte, war es schon zu spät. Er sah nur noch, wie sich die schrecklichen Klauen nach ihm ausstreckten und das ekelerregende Maul sich mit seinen mächtigen Kiefern an seine Kehle schob…
Dr. Eckyll war mit sich zufrieden. Zum ersten Male hatte er es ihnen gezeigt, und es sollte nicht bei diesem ersten Mal bleiben. Tief befriedigt machte er sich auf den Heimweg. Er mußte sich beeilen, wenn er noch rechtzeitig in sein Gewölbe kommen wollte, denn die Wirkung seines Elexiers mußte in wenigen Augenblicken zu Ende sein. Kaum hatte er die letzten Stufen hinter sich gelassen, als die Rückverwandlung einsetzte. Die überlangen Arme schrumpften wieder auf das Normalmaß, das Fell fiel aus, und zurück blieb ein normaler Mensch. – So schien es jedenfalls, denn er hatte nicht bemerkt, daß seine Fangzähne geblieben waren…
Fortsetzung folgt…